Eine der größten Herausforderungen unserer modernen Zeit liegt in der enormen Anstrengung, sich stets fokussiert an die eigenen Aufgaben zu setzen. Eine vergleichsweise simple Technik kann uns hierbei helfen. Welche das ist und wie sie funktioniert, sehen wir uns hier genauer an.
Wo ist meine Zeit geblieben?
Wir sind alle schwach: Instagram, Facebook, Twitter, Reddit, YouTube und noch viele andere Dienste locken unser Interesse. Hinzu kommen Nachrichten via iMesssage, Slack, WhatsApp, Telegram, Signal, Threema und nicht zuletzt auch die gute alte Email, die alle nach unserer Aufmerksamkeit lechzen. Unter all diesen Umständen die Disziplin aufzubringen, unsere Aufgaben sorgfältig und fokussiert zu bearbeiten, ist manchmal schwierig.
Hierbei handelt es sich um ein Massenphänomen unserer Zeit, die uns Bildschirmarbeiter am stärksten betrifft, weil all diese Plattformen nur einen Fingertipp oder einen Mausklick entfernt sind.
Pomodoro: Programmieren nach der Eieruhr
Eine Lösung, diesem Aufmerksamkeitsproblem zu begegnen, stellt die sogenannte Pomodoro-Technik dar. Ihr Erfinder, Francesco Cirillo, erklärt sie auf seiner Seite mit den folgenden Schritten:
- Eine zu erledigende Aufgabe wählen und diese schriftlich notieren.
- Die Eieruhr auf 25 Minuten stellen und sich selbst versprechen, dass man sich beim Bearbeiten der Aufgabe nicht unterbricht.
- Sich für die gesamten 25 Minuten vollständig der Aufgabe widmen.
- Wenn die Eieruhr klingelt, ein Häkchen notieren, denn man hat die ganze Zeit über an einer Aufgabe gearbeitet.
- Nun eine kurze Pause einlegen und einen kurzen Rundgang tun, Kaffee holen oder irgendetwas anderes machen, was nicht mit der Arbeit verbunden ist. Anschließend beginnen die nächsten 25 Minuten.
- Nach vier Mal 25 Minuten gönnt man sich eine längere Pause von 20–30 Minuten.
Einen Arbeitsblock von 25 Minuten nennt Cirillo einen „Pomodoro“.
Dieses Vorgehen erfordert einen Moment der Planung. Man muss sich Gedanken machen, welche Aufgaben für den Tag anliegen und wie man diese in 25-Minuten-Blöcke teilen könnte. Allein diese Planung hilft ungemein bei der Selbstorganisation.
Ein anderer Vorschlag der Aufteilung eines Arbeitstages liegt darin, sich acht Arbeitsblöcke vorzunehmen, die jeweils 20 Minuten lang sind. Nach dem ersten und dem zweiten Arbeitsblock gibt es eine kurze Pause von fünf Minuten. Ist der dritte Arbeitsblock beendet, hat man eine Pause von 15 Minuten. Ob eine kurze Pause fünf oder sieben Minuten oder eine lange 15 oder 20 Minuten dauert, spielt nicht die große Rolle, wenn innerhalb eines Arbeitsblocks konzentriert und fokussiert gearbeitet wird.
Das schriftliche Notieren der Aufgabe und das Häkchen nach Beenden eines Arbeitsblocks mögen wie ein wenig exzentrische Details erscheinen, aber tatsächlich macht das Setzen des Häkchens einen wichtigen Teil aus. Schaut man sich am Ende des Tages das Papier mit den Aufgaben und den Häkchen an, weiß man, dass man etwas geleistet hat, denn manchmal fühlen sich Arbeitstage gerade bei Bildschirmarbeitern unproduktiv an, weil man zum Feierabend nichts in der Hand halten kann. Da ist es wichtig, schwarz auf weiß zu sehen, dass der Tag kein verlorener war.
„Hallo? Ich hab da mal ’ne Frage …“
Es bleibt noch die Frage, wie mit Unterbrechungen umzugehen ist. Das Telefon klingelt während eines Arbeitsblocks. Geh ich ran oder nicht? Hier ist die Empfehlung, das Telefonat anzunehmen und auf die eigene Aufgabe hinzuweisen. Anschließend bitte ich höflich darum, dass ich die Person zurückrufen werde und notiere mir kurz, dass ich das tun muss, damit diese Aufgabe sofort aus dem Kopf ist.
Ein weiterer Fall: Eine Kollegin, ein Kollege tritt durch die Tür ein und hat eine Frage. Wie gehe ich damit um? Auch hierbei kann man auf die eigene Aufgabe hinweisen und höflich darum bitten, dass man sobald wie möglich auf die Kollegin, den Kollegen zukommen werde. Analog zum Telefonat sorgt eine kurze Notiz auf einem Stück Papier dafür, dass ich das nicht vergesse und meinen Kopf von dieser Aufgabe befreie.
Zeitmessen richtig gemacht
Das Einhalten der unterschiedlichen Zeiten kann man per altbekannter Eieruhr aus der Küche überwachen. Daher stammt auch der Name dieser Technik: „Pomodoro“ ist das italienische Wort für Tomate und eine Eieruhr in Form einer Tomate war die Namenspatin für die hier beschriebene Technik.
Allerdings wird es nach kurzer Zeit nervig, die Küchenuhr für die unterschiedlichen Zeiträume aufzuziehen und womöglich stört sehr bald das laute Läuten der Uhr. Eine kurze Internetrecherche mit den Stichwörtern „Pomodoro tool“ zeigt schnell, dass es eine Vielzahl von Apps und Diensten gibt, die bei der Zeitüberwachung im Sinne der Pomodoro-Technik helfen können. Hier kann man sich für die eigenen Bedürfnisse passende Tool aussuchen. Mit der Webseite TomatoTimer lässt sich sogar per Web und somit ganz ohne Installation einer Software mit der Technik arbeiten.
Fazit
Die hier vorgestellte Technik ist ein Vorschlag, wie man einen Arbeitstag organisieren könnte. Man kann davon abweichen, man kann sie anpassen oder sie komplett ignorieren, wenn man derlei gar nicht benötigt. Wichtig ist nur die Kenntnis über eine solche Technik, falls du eines Tages in einer Situation sein sollte, in der du dich unproduktiv fühlst und einen Ausweg daraus suchst.
Auch die beste Technik wird versagen, wenn man sich nicht an die Regeln hält, aber die hier vorgestellte Pomodoro-Technik hat ein so klares und kurzes Regelwerk, dass deren Einhaltung machbar ist. Tatsächlich ist es ein tolles Gefühl, zum Feierabend auf die acht Arbeitsblöcke zurückzublicken und mit Befriedigung festzustellen, dass man doch etwas geschafft hat, obwohl man sich fragt: „Wo ist meine Zeit geblieben?“
Foto von Marcelo Leal auf Unsplash