Wo wird Machine Learning eingesetzt?

Auch wenn vielen digital versierten Menschen klar ist, dass Machine Learning einen qualitativen Vorwärtssprung in der Computergeschichte darstellt, lohnt sich ein Blick in die tatsächlichen Einsatzfelder der Methoden. Allgemein lässt sich konstatieren, dass überall, wo viele Daten anfallen, der Einsatz von Machine Learning naheliegt. Hier folgen einige prominente Beispiele:

Selbstfahrende Fahrzeuge

Als der nächste große Wurf in der Transportbranche gelten selbstfahrende Fahrzeuge. Von dieser Art Transportmittel erwarten alle Verkehrsteilnehmer, Hersteller und Versicherungen mehr Effizienz bei gleichzeitig weniger Unfällen. Damit selbstfahrende Fahrzeuge im Massenmarkt ihren Einsatz finden, setzen die Ingenieurinnen und Ingenieure auf Machine Learning.

Verschiedene Unterstützungs-Mechanismen sind bereits in heute erhältlichen Autos eingebaut: Einparkhilfe, Kollisionswarnung, Abdriftwarnung, verbesserter Tempomat sind nur einige der Beispiele digitaler Assistenten für Fahrerin und Fahrer. Ein schönes Beispiel für eine Einparkhilfe zeigt Audi für den A8: Dank Smartphone können Fahrerinnen und Fahrer vom Straßenrand aus den Wagen einparken lassen. Allerdings fahren die Autos in all diesen Beispielen nicht selbst. Sie sind nicht autonom.

Autonom fahrende Fahrzeuge sind mit einer größeren Zahl unterschiedlicher Sensoren zur Datengewinnung ausgestattet, als in den derzeit erhältlichen Autos der Fall ist:

  • Lidar-Systeme: Unternehmen wie beispielsweise Luminarstellen Lidar („light detection and ranging“) genannte Komponenten zur optischen Abstands- und Geschwindigkeitsmessung her. Diese Geräte arbeiten auf Basis von Lasern. Sie sind sehr zuverlässig außer bei Regen, Schnee oder Nebel.
  • Radar: Mithilfe von Radiowellen überprüfen die Fahrzeuge fortlaufend die Abstände zu anderen Verkehrsteilnehmern. Nachteile haben Radar-Systeme bei der Erkennung von Objekten, die nicht aus Metall bestehen.
  • Kameras: Auch die Bilderkennung spielt beim selbstfahrenden Fahrzeug eine große Rolle. Leitplanken, Straßenmarkierungen, Schilder, Ampeln und weitere verkehrsregelnde Elemente gilt es zu entdecken und zu entziffern. Auch Kameras haben bei Regen, Schnee oder Nebel ihre Schwierigkeiten; hinzu kommt, dass die darüber erhobenen Daten bei Dunkelheit und direkter Sonneneinstrahlung erheblich an Qualität verlieren.
  • Mikrofone: Innen- und Außenmikrofone dienen zur Unterstützung der durch die anderen Systeme gewonnenen Daten.
  • Ultraschall: Schallwellen stellen eine weitere Methode zur Abstandsbestimmung dar. Allerdings sind diese Systeme bei starkem Wind unzuverlässig.
  • GPS: Der Ort des Fahrzeugs wird per GPS ermittelt, wobei es hier nicht nur um die Navigation geht, sondern um viel genauere Daten, damit der Bord-Computer die exakte Position des Fahrzeugs auf der Fahrbahn feststellen kann.

Etwa drei GB an Daten pro Minute erhebt ein autonom fahrendes Fahrzeug derzeit. Besondere Ansprüche gelten auch für den Bord-Computer, denn dieser muss in garantierter Zeit eine Analyse der aktuellen unmittelbaren Verkehrssituation erstellen können.

Machine Learning in der Medizin

Machine Learning findet in der Medizin an vielen Stellen ein Aufgabengebiet: Früherkennung, Diagnose, Therapie-Vorschläge, Beratung etc. all diese Bereiche profitieren davon, wenn Computer mithilfe von Bild- und Schrifterkennung-Algorithmen tausende von Dokumenten einlesen und in Relation zum Krankheitsbild eines einzelnen Patienten setzen können.

Man muss sich das nur klar vor Augen führen: Eine Expertin oder ein Experte hat sich nach etlichen Jahren Studium und praktischer Arbeit ein tolles Wissen aufgebaut, um beispielsweise Hautkrebs gut zu erkennen. Nun kann diese Person nur einige Stunden pro Tag auf höchstem Niveau an einem bestimmten Ort arbeiten. Und wenn diese Person nun morgen vom Auto überfahren wird, ist all dieses Wissen verschwunden. Somit sorgen Machine-Learning-Ansätze, bei denen Computer trainiert werden, aus den Bildern eines Haut-Screenings die bösartigen Veränderungen zu erkennen für eine Demokratisierung, denn nicht jedes Krankenhaus kann sich eine Spezialistin oder einen Spezialisten auf höchstem Niveau leisten. Selbst wenn das Geld keine Rolle spielen würde, gibt es nicht genügend Personen mit einer derartigen Expertise, dass auch entlegene Orte versorgt werden können.

Trainieren die genannten Spezialistinnen und Spezialisten nun maschinelle Lernsysteme mit ihren Daten und Erfahrungen, ist es möglich das vorhandene Wissen in einem gewissen Maße zu vervielfachen, was allen Krankenhäusern zugute kommen könnte.

Problematisch sind derzeit die bisher kaum standardisierten Patientendaten, denn diese sind für das Training von Lernsystemen notwendig. Darüber hinaus erweist es sich auch als schwierig, die berüchtigte Ärzte-Handschrift zu erkennen. Hier könnte sich insbesondere Apple’s ResearchKit als hilfreich erweisen, denn ResearchKit ist ein Open Source Framework zum Entwickeln von Apps, mit denen es einfacher wird, Teilnehmer zu registrieren, Studien durchzuführen. Auf diese Weise lassen sich schnell strukturierte Daten erheben. So wurden bereits Erfolge bei der Erforschung von Parkinson, Epilepsie und Autismus erzielt.

Schließlich können Maschinen, die mit dem aktuellen Stand der Forschung gefüttert wurden, auch sehr seltene Krankheiten erkennen, die Ärztinnen und Ärzten in ihrer praktischen Arbeit gar nicht oder nur sehr selten begegnen. Dies erspart den ohnehin belasteten Patientinnen und Patienten viele unterschiedliche Arzttermine, Diagnosen und Tests.

Digitale Assistenten

Amazons Alexa, Apples Siri, Googles Google Now, Microsofts Cortana sind allesamt Beispiele digitaler Assistenten, die bereits heute weltweit millionenfach Verwendung finden. Jeder Tech-Konzern hat dabei Machine-Learning-Methoden im Hintergrund laufen, denn die Assistenten sollen aus jeder Interaktion die Gepflogenheiten der Benutzerin und des Benutzers lernen. Hierbei muss die gesamte Bandbreite des maschinellen Lernens abgerufen werden, denn die Assistenten müssen die Stimmen erkennen können, den Inhalt des Gesprochenen, aber auch Texte einlesen und je nach Kontext zuordnen können.

Da alle relevanten Tech-Konzerne derlei Assistenten im Einsatz haben, die direkt vom Endkunden bedient werden, lässt sich gut der jeweilige Stand der Machine-Learning-Technologie als Ganzes ablesen. So sind im Jahr 2017 diese Systeme mannigfaltig im Einsatz, aber man stößt während der Bedienung häufig an Grenzen. In den kommenden Jahren werden hier die Fortschritte enorm sein und man wird als User den Fortschritt direkt erfahren können.

Objekterkennung

Die automatische Erkennung von Gegenständen oder Gesichtern spielt gerade bei Sicherheitsfirmen eine große Rolle. Was einige Menschen mit einer Dystopie verbinden, ist an vielerlei Orten beispielsweise in Großbritannien bereits Wirklichkeit: Dort werden die Gesichter von Passanten automatisiert ausgewertet.

Handschrifterkennung ist zum Beispiel bei der Post, den Banken und Versicherungen, den Behörden ein Thema. Die Texterkennung (OCR) beim Digitalisieren von Büchern wird von maschinellem Lernen unterstützt. Die Spracherkennung ist relevant für Call-Center oder auch im Zusammenspiel mit digitalen Assistenten. Bei der Spracherkennung nehmen maschinelle Übersetzungen inzwischen einen immer größer werdenden Raum ein, wie beispielsweise die App Microsoft Translator eindrucksvoll zeigt. Insbesondere bei Übersetzungen zeigt die auf maschinellem Lernen beruhende Web-Seite DeepL aus Deutschland, welche tolle Qualität schon heute möglich ist.

In der Finanzindustrie nimmt die Sentiment-Analyse eine wichtige Rolle ein. So ist die Einschätzung des Marktes durch eine große Zahl von Marktteilnehmerinnen und Teilnehmer eine entscheidende Größe für die eigene Strategie vieler Fonds-Manager, denn sie reagieren unterschiedlich je nachdem, ob die Marktteilnehmerinnen und Teilnehmer eher pessimistisch oder optimistisch sind. Eine Sentiment-Analyse mit Machine-Learning-Methoden in Wertpapierforen oder auch sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter lässt sich schnelle und günstig ausführen.

IBM Watson

Bereits seit einigen Jahren zeigt der Tech-Gigant IBM mit seinem Projekt Watson, was mit maschinellem Lernen möglich ist. So besiegte Watson beispielsweise 2011 im Spiel „Jeopardy“ seine menschlichen Kontrahenten.

Inzwischen ist Watson der Konzeptphase entwachsen und hat beispielsweise bei mehreren japanischen Versicherungsunternehmen Einsatzgebiete gefunden: So möchte Fukoku Mutual Life Insurance mit dem Einsatz von Watson Personalkosten sparen und die Auswertung von Dokumenten beschleunigen. Auch andere japanische Versicherer wie Dai-Ichi Life Insurance oder Nippon Life Insurance haben bereits selbstlernende Systeme im Einsatz. Allerdings ist Fukoku Mutual Life das erste Unternehmen, bei dem Mitarbeiter durch eine KI ersetzt werden.

Auch als Fondsmanager tut Watson seine Dienste: Das Technologieunternehmen Equbot und die ETF Managers Group haben Mitte 2017 einen Fonds aufgelegt, bei dem Watson die Anlageentscheidungen trifft. Die KI wertet dafür nicht nur Geschäftsberichte und Bilanzen aus, sondern auch Marktstimmung, Presseberichte und Social Media-Einträge.

Darüber hinaus findet Watson auch in der Medizin ein Aufgabengebiet, denn auch dort gilt es zahlreiche Dokumente eines Patienten zu sichten und aus dem breiten Angebot der vorhandenen Krankheits-Literatur die richtigen Schlüsse zu ziehen. Vor allem in der Krebs-Erkennung und auch in der Krebs-Behandlung kommt Watson zum Einsatz. Hierbei unterstützt Watson die Ärztinnen und Ärzte mit Vorschlägen und Einschätzungen, eigene Entscheidungen über die Behandlung trifft die KI nicht.

Suchmaschinen: Google, Bing, Baidu, Yandex

Die heutzutage eingesetzten Such-Algorithmen setzen Machine Learning in großer Dimension ein. Sowohl Alphabets Google als auch Microsofts Bing sind sehr begierig, das maschinelle Lernen so weit wie möglich einzusetzen. Auch die in Westeuropa weniger bekannten Suchmaschinen wie Baidu und Yandex sind beim Einsatz maschinellen Lernens vorne mit dabei. Eine Suchanfrage steht in Relation zu Ort und Tageszeit der fragenden Person, ihrer bekannten Such-Historie und der bisher erfolgten ähnlichen Suchanfragen von allen Anwendern der jeweiligen Suchmaschine. Daraus lassen sich personalisierte Suchergebnisse erzeugen, die der Nutzerschaft besser hilft, als lediglich eine einfache Suche auf Basis der Nutzereingaben.

Amazon und Netflix: Empfohlene Filme, Empfohlene Produkte

Amazon und Netflix sind klassische Fallbeispiele für das maschinelle Lernen, denn aus dem Geschmack des jeweiligen Users leiten die Unternehmen ab, welche Interessen sie bedienen sollten, damit die Zufriedenheit des Besuchers und der eigene Umsatz steigen.

Bei Amazon sieht man mehrere Empfehlungen unter einem Produkt, das man sich gerade ansieht. Die Auswahl der Produkte erfolgt maschinell und wird individuell für die gerade aktive Käuferin/den gerade aktiven Käufer erstellt.

Netflix wertet die bisher von den Zuschauerinnen und Zuschauern gesehenen Filme und Serie sowie die vergebenen Bewertungen aus, um daraus individuelle Empfehlungen aussprechen zu können. Weitere Aspekte wie Tageszeit, Standort und ähnliche Punkte fließen ebenfalls in die Auswertungen ein.

Spam-Filter

Spam-Filter sind vielleicht die bekanntesten lernenden Algorithmen, die die Anwenderin und den Anwender seit vielen Jahren begleiten. Bereits Anfang des Jahrtausends spielten Filter auf Basis von Bayes-Algorithmen eine große Rolle. Diese sind inzwischen sehr weit entwickelt und vernetzt, so dass ein kurzes Training der Anwenderin/des Anwenders genügt, um bereits nützliche Hilfe bei der Spam-Vermeidung zu erhalten.