Viele Herausforderungen sind zu komplex, um sie im Detail im Vorhinein zu programmieren. Menschen und Tiere vollbringen im Alltag Hunderte von Taten, ohne über diese nachzudenken: Gegenstände in ihrer Gänze erkennen, Sprache verstehen, Gefühle interpretieren und vieles mehr. Versucht man, diese so alltäglichen Tätigkeiten von einem Computer erledigen zu lassen, so stößt man mit dem herkömmlichen Ansatz, alle erdenklichen Situationen im Vorhinein zu bedenken und beispielsweise in einer Datenbank zu speichern, an eine nicht zu überwindende Grenze. Denkt man aber etwa an selbstfahrende Autos, so wird recht schnell klar, dass es unmöglich ist, jede Begebenheit unter allen erdenklichen Umständen an jedem Ort der Welt zu jeder Zeit vorauszudenken und dafür eine Lösung zu programmieren, so dass der Bord-Computer des Wagens im Eintreffen eines bestimmten Falles diesen identifizieren und aus der Datenbank abrufen kann.
Bestimmte Probleme lassen sich erst in der Kombination von vorliegenden Daten und Erfahrung lösen. So kann ein Arzt erst nach hunderten, wenn nicht tausenden gesehenen Röntgen-Aufnahmen relativ sicher erkennen, ob es sich um einen Fehler in der Aufnahme, einen harmlosen Schatten oder eine vermeintlich gefährliche Erkrankung handelt. Diese Erfahrung lässt sich auf herkömmliche Weise nicht einprogrammieren, sondern auch hier bietet Machine Learning einen Ansatz, um zu Ergebnissen zu gelangen, die bisher nur wenige Spezialisten zu liefern vermochten.
Ein Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von Deep-Learning-Techniken bei der Früherkennung von Hautkrebs zeigen Wissenschaftler der US-amerikanischen Universität Stanford: Der von ihnen entwickelte Algorithmus ist etwa genauso erfolgreich wie eine Dermatologin oder ein Dermatologe.
Schließlich haben herkömmliche computerisierte Lösungsmethoden den Makel, dass sie nicht flexibel auf neue Daten reagieren können. Sie sind nach ihrer Fertigstellung starr und müssen auf sich verändernde Situationen durch Menschen angepasst werden. Machine Learning liefert hier die Möglichkeit, dass lernende Programme sich ständig selbst überprüfen und ihre Vorgehensweise auf neue Situationen selbständig anpassen.
Machine Learning in den Geisteswissenschaften
Machine Learning findet nicht nur in technischen Bereichen Anwendung, sondern auch geisteswissenschaftlichen Anforderungen kann man mit Methoden des automatisierten Lernens und der Datenauswertung begegnen. Beispielsweise untersuchen Linguisten und Literaturwissenschaftler bereits seit Längerem das Gesamtwerk William Shakespeares statistisch.
Nicht nur im englischen, sondern auch im deutschen Sprachraum halten statistische Methoden bei der Literaturanalyse Einzug: Unter der Überschrift Literatur und Linguistik hat beispielsweise Alexander Lasch zusammengefasst, inwiefern maschinelle Auswertungen unterschiedlicher Dramentexte bei der Erkennung und Unterscheidung von sprachlichen Mustern hilfreich und sinnvoll sein können.
Gerade das letzte Beispiel zeigt, wie wichtig Machine Learning bereits heute ist und auch in Zukunft noch sein wird. Die gesamte Welt besteht aus Daten und die sind zu einem sehr großen Teil nicht numerisch. Menschen benötigen viel Zeit diese Daten zu erfassen, zu kategorisieren und diese schließlich zu interpretieren. Computer sind hierbei die idealen Partner, denn etliche Teile des geschilderten Prozesses sind reine Fleißarbeit, die Computer viel schneller erledigen können. Darüber hinaus spielen Machine-Learning-Methoden ihre wahre Stärke aber aus, wenn innerhalb der riesigen Datenmengen Zusammenhänge ans Tageslicht kommen, die ein Mensch oder ein Team nur unter großen Mühen oder nur durch Glück hätte entdecken können.